Drei Jahrzehnte Rucksackreisen manifestiert für die Ewigkeit.
Diese Nacht war es still. Fast unheimlich. Nach zwei Monaten die erste Nacht, in der ich ohne dem annähernd lieb gewonnenen Geräusch aus dem Nebenzimmer, der rhythmischen Endlosschleife aus „ratter, ratter, zisch“, Pause, „ratter, ratter, zisch“, in den Schlaf finden sollte.
Ratter, ratter, zisch – unterbrochen wurde die Tonfolge nur von einem hässlichen Geknatter, wenn sich ein Dia verfangen hat oder etwa das ganze Magazin klemmte.
Der Untermieter
Herr Braun Multimag, seines Zeichens Diascanner, hatte als temporärer Untermieter unser Gästezimmer bezogen. Es gibt angenehmere Mitbewohner, ruhigere. Er jedoch brachte immerhin gute Leistung und arbeitete sich ohne Unterbrechung stoisch durch drei Jahrzehnte an 4000 analogen Reisebildern.
Die Hinterlassenschaft
Der Hausgenosse Herr Braun ist längst weitergezogen, um die Erinnerungen und analogen Reisezeitzeugen anderer Menschen, mutmaßlich Weltenbummler, aufzufrischen und für die Nachwelt zu digitalisieren. Er hat sein Bestes gegeben, doch das Resultat kann sein Alter nicht leugnen. Ich wühle mich mal Tränen lachend, mal wehmütig durch drei Jahrzehnte Reiseerlebnisse, in denen ich Kind der Genration Golf mit kleinem Budget, dem Lonely Planet als Bibel und The Beach als Manifest durch die Welt getingelt bin und das Studium von Zeit zu Zeit Studium habe sein lassen.
Doch die Zeitzeugen verschweigen auch nicht, dass die Generation Golf inzwischen erwachsen geworden ist und Budget, die Reisen und das Reiseverhalten sich langsam schleichend geändert haben, der Babyspeck ersten Fältchen gewichen ist. Plötzlich fühle ich mich ein bisschen alt.
Mein Trost: Wir werden alle älter. Ich habe definitiv nichts anbrennen lassen, Abenteuerlust, Neugier und Fernweh sind geblieben. Auch wenn ich keine 20 mehr bin, den Spaß am Reisen habe ich nicht verloren und glücklicherweise trage ich keine ulkigen Trekkingsandalen mehr!
Was Herr Braun mir neben dieser Erkenntnis zurückgelassen hat, ist eine Chronik in Farbe und Bild meiner Rucksackreisen und Langzeit-Fernreisen (viele Kurztrips und auch Urlaube, doch um die geht es hier nicht).
Die Reise-Chronik:
1989: Erste Rucksackreise mit 16 – Griechenland Inselhopping
1990: Backpacking Marokko
1991: Backpacking Thailand, Malaysia, Singapore
1992: Backpacking Sri Lanka
1993: Backpacking Costa Rica
1994: Backpacking Bali, Indonesien
1995: Backpacking Indonesien: Bali, Lombok, Flores, Rica, Komodo
1996: Backpacking Australien
1997: Backpacking Mexico, Guatemala, Belize
1998: Backpacking Philippinen
1999: USA Roadtripp
2000: Backpacking Kuba
2001: Backpacking Thailand
2002: Backpacking Venezuela
2003: Kapstadt leben, Südafrika mit eigenem Wagen erkunden
2004: Afrika-Tour mit eigenem „Overlander Pick-Up“ durch Südafrika, Lesotho, Swasiland, Namibia, Botswana, Zambia, Mozambique
2006: Südafrika
2007: Backpacking Nordindien, Rajasthan, Kerala
2008: USA Roadtrip
2011: Südafrika,Tansania
2012: Backpacking Indien Mumbai, Goa, Südindien
2013: West und Nord-Australien Roadtrip
Lustig. Bis auf Afrika haben wir fast die gleiche Reiseroute hingelegt. Ich bin Dir nur alterstechnisch 2 Jahre voraus ;). Wer weiß, vielleicht sind wir uns ja mal irgendwo auf dem Banana Pancake-Trail begegnet. In hässlichen Teva-Sandalen, mit Nickel-Sonnenbrille auf der Nase und der „Bibel“ in der Hand. Heute sind die Fotos natürlich um ein 1000faches besser und man kann easy peasy nen Reiseblog schreiben und als digitaler Nomade sein Geld verdienen. Aber ich bin trotzdem so verdammt froh diese analogen Reisezeiten miterlebt zu haben. War schon irgendwie ein ganz anderes Reisen als heute. Und irgendwie auch ne Spur abenteuerlicher. LG, Nadine
Hi Nadine,
ging das kommentieren nun doch? Da bin ich aber froh! Du, kram doch mal in deinen alten Bildern, vielleich ist irgendwo das moppelige Mädchen mit Löwenmähne und Birkenstock drauf. Das bin dann wohl ich. waren wir vielleicht mal zur gleichen Zeit am gleichen Ort? Damals konnten wir es noch nicht wissen. Email war noch nicht geschweige denn Fousquare, Facebbok, Twitter und co. … Telefonieren mussten wir auch noch per R-Gespräch oder teuer im Phoneshop. Weißt Du noch? Viele Grüße
Eva
Wunderbar! Und Respekt, meine Fotos flattern irgendwo unbeschriftet und verstreut in den Regalen umher. Die Sache mit den Klamotten kenne ich. Es sollte ja irgendwie bequem sein, aber ich mag mich auf den Bilder nur noch ungern sehen. Mein Motto war immer, auf Reisen nehme ich die ollsten Sachen mit. 😉 LG aus Ecuador, Madlen
Ja, das war auch mein Motto. Je oller, desto … Meistens hatte ich irgendwelche Werbeshirts dabei. Grüße nach Ecuador. Hach!